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Erbsensuppe bei Karstadt

Ein Dienstag ist’s, ein Tag im Sommer,
Oma sitzt in ihrer Kammer,
doch das Alleinsein hat sie satt,
sie will mit der S-Bahn in die Stadt.

So saust sie los nach Hamburg hin,
der Schlussverkauf steckt ihr im Sinn.
Vor dem Betrieb ist ihr nicht bang,
sie sucht und wühlt dort stundenlang.

Und als sie mittags Hunger spürt,
ihr Weg sie hin zu Karstadt führt.
Sie drängelt sich zum Tresen hin,
kauft Erbsensupp’ mit Bockwurst drin.

Mit ihrer Suppe, heiss und frisch,
sitzt Oma dann am nächsten Tisch.
Doch an die Bockwurst – denkt sie dann –
Gehört doch auch noch Mostrich dran.

Doch Mostrich gibt’s am Tresen nur,
so macht sie denn nochmal die Tour,
und als sie kommt zum Tisch zurück,
da sitzt dort jemand tief gebückt.

Er löffelt Oma’s Teller leer,
ein Farbiger ist’s, wer weiss woher.
Er schlürft genüsslich und in Ruh’
und Oma schaut ihm dabei zu.

Und sie meint als Frau von Welt:
Der Mann, der hat bestimmt kein Geld
und grossen Hunger schon seit Tagen,
doch ihr knurrt langsam auch der Magen.

Sie geht noch etwas näher ran,
schaut sich den Rest von Suppe an
und schwupp – die wupp mit schneller Hand
zieht sie die Bockwurst sich an Land.

Jetzt eins - zwei - drei die Wurst gegessen,
(den Senf hat sie total vergessen)
und schielt dann rüber nach dem Mann,
und lacht ihn nett und freundlich an.

Auch der lacht Oma freundlich zu
und löffelt weiter ganz in Ruh,
und als der Teller blitzblank leer
holt er vom Tresen zwei Glas Limo her.

Eins trinkt er selbst und das was über
schiebt er galant zu Oma rüber.
Oma strahlt und ist gerührt
als der andere abmarschiert.

Oma denkt noch das und dies,
im Magen fühlt sie sich noch mies,
sie möcht’ noch eine Suppe haben
und sucht das Kleingeld zum Bezahlen.

Du liebe Zeit, gross ist der Schreck,
jetzt ist auch noch die Tasche weg.
Da soll man an die Menschen glauben,
wo Suppe sie und Taschen rauben.

Sie hebt den Kopf, wird fahl wie Asche,
beim Nebentisch hängt ihre Tasche
und in der Suppe auf dem Tisch
liegt auch die Bockwurst, dick und frisch.

Und die Moral von der Geschicht:
Das, was man glaubt, das stimmt oft nicht.
Auch einem Fremden muss man trauen
und nicht gleich die Wurst ihm klauen.

  

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